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Kanzlei, Rechtsanwalt, Gießen

Der Pflichtteil

Jeder kann in einem Testament grundsätzlich frei entscheiden, wer seinen Nachlass erhalten soll.
Er kann also einzelne Personen bedenken und andere an der Teilhabe an dem Nachlass ausschließen. Diese Gestaltungsfreiheit wird allerdings durch den so genannten Pflichtteilsanspruch (umgangssprachlich oft als Pflichtanteil bezeichnet) begrenzt.
Dieser gewährleistet die Mindestteilhabe eines nahen Angehörigen am Nachlass des Verstorbenen.
Es handelt sich um einen Anspruch, der vom Erben durch Geldzahlung zu erfüllen ist.

Wer ist pflichtteilsberechtigt und wie berechnet man die Pflichtteilsquote?

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Den angesprochenen Pflichtteilrechner finden Sie hier oder in der angesprochenen RAMohr App, die Sie im Apple AppStore oder bei Google Play herunterladen können

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Wie wird jemand enterbt?

Eine Enterbung liegt vor, wenn ein im Gesetz vorgesehenes Erbrecht durch eine testamentarische Anordnung ausgeschlossen wird.

Pflichtteil nicht nur bei vollständiger Enterbung

Ein Pflichtteilsanspruch besteht aber nicht nur dann, wenn eine Person vollständig von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wird, sondern auch dann, wenn diese die Beteiligung am Nachlass so weit mindert, dass sie die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils nicht mehr erreicht.

Wie wird der Pflichtteilsanspruch effektiv durchgesetzt?

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Welcher Personenkreis ist pflichtteilsberechtigt?

Zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehören nicht alle Personen, die nach dem Gesetz Erben des Erblassers werden würden. Dieser Anspruch besteht nur für die nächsten Angehörigen.

Abkömmlinge sind nicht nur die Kinder

Es handelt sich dabei um die von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossenen Abkömmlinge, d.h. die Kinder des Erblassers und, soweit ein Kind vorverstorben ist und seinerseits Kinder hat, die Enkel. Soweit auch ein Enkelkind bereits vorverstorben sein sollte und seinerseits ein oder mehrere Kinder hat, treten diese in seine Position als Pflichtteilsberechtigten ein.
Leibliche und adoptierte Kinder sind gleichberechtigt.

Stiefkinder sind nicht pflichtteilsberechtigt

Zu Stiefkindern besteht kein Verwandtschaftsverhältnis im Sinne des Erbrechts, so dass diese nicht pflichtteilsberechtigt am Nachlass des Stiefelternteils sind.

Auch die Eltern können einen Anspruch auf einen Pflichtteil (auch Pflichtanteil genannt)

Hat der Verstorbene keine Abkömmlinge, sind seine Eltern berechtigt, den Pflichtteil zu fordern, soweit Sie testamentarisch enterbt sind.

Auch der Ehegatte hat einen Anspruch

Zudem ist der Ehegatte der verstorbenen Person pflichtteilsberechtigt, solange er auch noch ein gesetzliches Erbrecht hätte. Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten entfällt, wenn zum Zeitpunkt des Todesfalls durch einen Ehegatten bereits die Scheidung der Ehe beantragt worden ist und die Scheidungsvoraussetzungen im Übrigen vorgelegen haben, insbesondere der andere Ehegatte der Scheidung zugestimmt oder seinerseits ebenfalls einen Scheidungsantrag gestellt hat.

Andere Personen, beispielsweise die Geschwister, sind nicht pflichtteilsberechtigt.


Wer muss einen Pflichtteilsanspruch erfüllen?

Grundsätzlich sind der oder die Erben verpflichtet, den Pflichtteil zu zahlen.
Gibt es mehrere Erben, kann der Pflichtteilsberechtigte nach seiner Wahl von jedem die Erfüllung seines Anspruchs verlangen, insgesamt jedoch nur einmal (gesamtschuldnerische Haftung der Erben).

Im Innenverhältnis kann Regress genommen werden

Erfüllt einer von mehreren Miterben einen Pflichtteilsanspruch, kann er von den anderen Miterben eine Erstattung verlangen. Die Miterben haften nämlich untereinander jeweils nur im Umfang ihrer quotenmäßigen Erbbeteiligung am Nachlass.
Eine Ausnahme davon gilt allerdings dann, wenn der Miterbe anstelle des Pflichtteilsberechtigten Erbe geworden ist. Dann haftet er im Innenverhältnis der Miterben allein für den Pflichtteilsanspruch. Dadurch will der Gesetzgeber verhindern, dass ein Familienstamm durch eine solche Fallkonstellation mehr erhält, als ein anderer Familienstamm.


Wann muss sich auch ein Vermächtnisnehmer an der Erfüllung eines Pflichtteils beteiligen?

Ist zulasten eines Erben testamentarisch ein Vermächtnis angeordnet und verlangt dann eine andere Person ihren Pflichtteil, ist der Erbe berechtigt, die Erfüllung des Vermächtnisses zu kürzen. Die Kürzung darf in dem Verhältnis erfolgen, in dem der Wert der Beteiligung zum Wert des Vermächtnisses steht.

Beispiel des Fachanwalts für Erbrecht:

Der verwitwete Vater verstirbt und hinterlässt seine Tochter Eva und seinen Sohn Andreas. Aufgrund eines Testamentes wird seine Tochter Eva seine Alleinerbin. Zu Gunsten eines Freundes setzt er ein Geldvermächtnis aus.
Der Nachlass hat einen Wert von 1.000.000 Euro. Das Vermächtnis hat einen Wert von 200.000 Euro. Andreas verlangt seinen Pflichtteil, also die Zahlung eines Betrages in Höhe von 250.000 Euro.
Eva muss als Erbin den Pflichtteil erfüllen. Sie kann aber das testamentarisch angeordnete Vermächtnis kürzen. Das Vermächtnis repräsentiert ein Fünftel des Nachlasswertes. Ein Fünftel des Pflichtteilsanspruchs entspricht 50.000 Euro. Um diesen Betrag darf Eva das Vermächtnis kürzen.
Sie muss an den Freund ihres Vaters damit lediglich 150.000 Euro zahlen, wenn er die Erfüllung des Vermächtnisses verlangt.


Wie groß ist der Pflichtteilsanspruch?

Der Pflichtteilsanspruch wird von der fiktiven gesetzlichen Erbbeteiligung des Pflichtteilsberechtigten abgeleitet, die bestehen würde, wenn sein gesetzliches Erbrecht nicht durch ein Testament eingeschränkt worden wäre. Er entspricht der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils und ist durch Zahlung zu erfüllen.

Der Güterstand in einer Ehe hat Einfluss auf die Pflichtteillsquote

Die so genannte Pflichtteilsquote des berechtigten Personenkreises hängt davon ab, ob die verstorbene Person verheiratet war, gegebenenfalls in welchem Güterstand (Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung oder Gütergemeinschaft). Hier geht es zum Pflichtteilsquotenrechner.
Die Pflichtteilsquoten eines Ehegatten und der Kinder ergeben sich aus nachstehender graphischer Darstellung:

 

Güterstand

Pflichtteil des Ehegatten neben Abkömmlingen

Pflichtteil je Kind, falls Erblasser verheiratet war

 

 

 

Anzahl der hinterlassenen Kinder

 

 

 

1

2

3

Zugewinngemeinschaft (erbrechtliche Lösung)

¼ (großer Pflichtteil)

¼

1/8

1/12

Zugewinngemeinschaft (güterrechtliche Lösung - hier ist der Zugewinnausgleichsanspruch als Nachlassverbindlichkeit vorweg vom Nachlass abzuziehen)

1/8 (kleiner Pflichtteil)

3/8

3/16

1/8

Gütertrennung

1 Kind ¼

2 Kinder 1/6

3 u. mehr Kinder

1/8

¼

1/6

1/8

Gütergemeinschaft

1/8

3/8

3/16

1/8


Wie ist der Pflichtteilsanspruch zu erfüllen?

Der oder die Erben sind verpflichtet, den Anspruch durch Geldzahlung auszugleichen.
Der Pflichtteilsberechtigte erwirbt mit dem Todesfall also keine unmittelbaren Rechte am Nachlass, wie beispielsweise Eigentum, sondern lediglich einen Anspruch gegen die Erben.


Wann ist der Pflichtteilsanspruch zu erfüllen?

Er wird unmittelbar mit dem Todesfall fällig.
Er ist nicht davon abhängig, ob sich für dessen Ausgleich ausreichend liquide Mittel im Nachlass befinden. Hier gilt der Grundsatz: Geld hat man zu haben!


Kann durch den Erben verlangt werden, einen Pflichtteilsanspruch zu stunden?

In einigen im Gesetz ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen können der oder die Erben von dem Pflichtteilsberechtigten die Stundung des Anspruchs verlangen.

Unbillige Härte kann der sofortigen Erfüllung des Anspruchs entgegengehalten werden

Ein solcher Ausnahmefall ist gegeben, wenn die sofortige Erfüllung des Anspruchs wegen der Art der Nachlassgegenstände für den Erben eine unbillige Härte darstellen würde. Das ist insbesondere der Fall, wenn ihn die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs zwingen würde, das Familienwohnheim zu veräußern, das die wirtschaftliche und persönliche Lebensgrundlage des Erben oder seiner Familie ist.
Bei einer Abwägung, ob ein Ausnahmefall anzunehmen ist, sind auch die Interessen des Pflichtteilsberechtigten angemessen zu berücksichtigen.
Das Gesetz sieht hier erhebliche Wertungsspielräume bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen vor. Bislang ist die Rechtsprechung bei der Gewährung einer Stundung sehr zurückhaltend. Sie wird nur gewährt, wenn die sofortige Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs existenzielle Konsequenzen für den Verpflichteten hätte.

Stundung kann gerichtlich beantragt werden

Die Frage, ob ein Stundungsanspruch gegeben ist, kann gerichtlich geklärt werden.
Steht der Pflichtteilsanspruch dem Grunde und der Höhe nach nicht im Streit, ist ein Stundungsantrag beim Nachlassgericht zu stellen.
Besteht demgegenüber auch über die Berechtigung und die Höhe des Pflichtteilsanspruchs Streit, kann ein Stundungsantrag im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens über den Pflichtteilsanspruch gestellt werden.
Wird dem Stundungsantrag stattgegeben, wird gleichzeitig die Verzinsung des Anspruchs festgelegt. Der Anspruch ist mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen, also mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz.

Rat vom Fachanwalt für Erbrecht:

Ein Stundungsantrag sollte so früh wie möglich – unter Umständen vorsorglich – bei dem zuständigen Gericht gestellt werden, um Rechtsnachteile zu vermeiden.


Wie lang ist die Verjährungsfrist für Pflichtteilsansprüche?

Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre.
Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Erbfall und von dem Umstand, dass er enterbt worden ist, Kenntnis erlangt hat.

Beispiel:

Der Todesfall hat sich im Februar 2012 ereignet. Der enterbte Sohn erlangt von dem Todesfall sofort und von dem Testament, mit dem er von dem Erblasser enterbt worden ist, im August 2012 Kenntnis. Ein Pflichtteilsanspruch verjährt dann mit Ablauf des 31. Dezember 2015.

Unabhängig von der notwendigen Kenntnis eines Pflichtteilsberechtigten verjährt der Pflichtteilsanspruch 30 Jahre nach dem Erbfall.

Für den Pflichtteilsergänzungsanspruch gelten abweichende Regelungen

Bei der Überwachung von Verjährungsfristen muss man jedoch aufpassen. So genannte Pflichtteilsergänzungsansprüche, die gegen einen Beschenkten geltend gemacht werden müssen, verjähren nämlich in der Regel früher, als so genannte ordentliche Pflichtteilsansprüche. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch verjährt nämlich drei Jahre nach dem Todesfall.

Beispiel:

Der Erbfall tritt am 12. Juni 2012 ein. Etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche verjähren binnen drei Jahren, gerechnet ab diesem Tag, also mit Ablauf des 11. Juni 2015.

Rat vom Fachanwalt für Erbrecht:

Die Berechnung von Verjährungsfristen ist angesichts der gesetzlichen Differenzierung, um welche Art von Pflichtteilsansprüchen es sich handelt und gegen wen sich diese richten, äußerst kompliziert. Im Zweifelsfall sollte hier zur Ermittlung der zutreffenden Verjährungsfrist und zur Vermeidung von Rechtsnachteilen immer fachlicher Rat eingeholt werden.
Einen ersten Anhaltspunkt für den Ablauf einer Verjährungsfrist erhalten Sie mit meinem Verjährungsrechner.


Was versteht man unter dem so genannten Pflichtteilsrestanspruch?

Sofern eine dem Grunde nach pflichtteilsberechtigte Person testamentarisch durch den Erblasser bedacht worden ist, zum Beispiel durch ein Vermächtnis, und der Wert dieser Erbbeteiligung geringer ist als der Wert des Pflichtteilsanspruchs, kann ein so genannter Pflichtteilsrestanspruch gegeben sein.

Dieser entspricht der Differenz zwischen dem Wert der testamentarischen Zuwendung und dem Wert des Pflichtteilsanspruchs.

Beispiel:

Der verwitwete Erblasser hat eine Tochter Eva und einen Sohn Andreas. Er setzt Eva zu seiner Alleinerbin ein und bedenkt seinen Sohn mit einem Vermächtnis in Höhe von 100.000 Euro.
Der Pflichtteilsanspruch von Andreas würde 250.000 Euro betragen. Der Pflichtteilsrestanspruch beträgt damit 150.000 Euro. Andreas könnte von Eva sowohl das Vermächtnis als auch den Ausgleich des Restanspruchs durch Zahlung verlangen.

Problem der Bewertung bei Immobilien

Nicht selten werden dem Pflichtteilsberechtigten aber keine Geldvermächtnisse zugewendet, sondern andere Vermächtnisgegenstände, zum Beispiel eine Immobilie. In einem solchen Fall muss man zunächst den Wert der Immobilie ermitteln, um feststellen zu können, ob der Wert dieser Zuwendung geringer ist als der Pflichtteilsanspruch.

Der Pflichtteilsberechtigte hat in einem solchen Fall die Möglichkeit, das Vermächtnis, also im Beispielsfall die Übertragung des Eigentums an der Immobilie, auszuschlagen und stattdessen den Ausgleich des vollen Pflichtteilsanspruchs durch Zahlung zu verlangen.


Was ist ein Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des Pflichtteilsanspruchs das Ziel verfolgt, eine Mindestbeteiligung naher Angehöriger eines Erblassers an dessen Nachlass zu gewährleisten. Grundlage für die Ermittlung eines so genannten ordentlichen Pflichtteilsanspruchs ist der Wert des zum Zeitpunkt des Todesfalls vorhandenen Nachlasses.

Schutz vor Aushöhlung des Nachlasses

Dieser Anspruch auf Mindestbeteiligung könnte daher dadurch unterlaufen werden, dass der Erblasser bereits lebzeitig, unter Umständen erst kurz vor seinem Todesfall, einen Teil oder sein ganzes Vermögen auf ihm genehmer Personen überträgt, um den Nachlasswert und damit Pflichtteilsansprüche enterbter Angehöriger zu umgehen bzw. zu vermindern.
Dieses Risiko hat der Gesetzgeber erkannt und eine Regelung (§ 2325 BGB) eingeführt, die dem entgegen wirken soll. Demnach ist dem Grunde nach der Wert aller unentgeltlichen Zuwendungen des Erblassers an dritte Personen in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todesfalls hinzu zu addieren. Allerdings wird für jedes Jahr, das die Zuwendung zurück liegt von dem Wert der Schenkung ein Abschlag von 10% vorgenommen. Auf der Grundlage des so ermittelten fiktiven Nachlasswertes wird dann ein fiktiver Pflichtteilsanspruch ermittelt.
Die Differenz zwischen dem Wert des ordentlichen Pflichtteilsanspruchs, der sich aus dem tatsächlich zum Zeitpunkt des Todesfalls vorhandenen Nachlasswert ableitet, und dem Wert des fiktiven Pflichtteilsanspruchs entspricht dem sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch.


Mit welchem Wert werden Schenkungen des Erblassers bei der Pflichtteilsergänzung berücksichtigt?

Grundsätzlich sind alle unentgeltlichen Zuwendungen des Erblassers in den letzten zehn Jahren an dritte Personen für die Ermittlung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen relevant. Allerdings sieht der Gesetzgeber vor, dass für jedes Jahr, welches seit der Verminderung des Vermögens des Erblassers vergangen ist, von dem Wert der Zuwendung ein Abschlag in Höhe von zehn Prozent vorzunehmen ist, bevor er dem realen Nachlasswert hinzu addiert wird.

Beispiel:

Der Erblasser hat einem Freund dreieinhalb Jahre vor seinem Tod 10.000 Euro geschenkt. Für die Ermittlung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs werden 30 Prozent des Wertes der Schenkung in Abzug gebracht. Damit verbleibt lediglich noch die Berücksichtigung eines Wertes von 7000 Euro für die Pflichtteilsergänzung.

Besonderheiten bei der Zuwendung an den Ehegatten

Dieser Abschlag wird allerdings nicht vorgenommen, wenn die verstorbene Person eine Zuwendung an ihren Ehegatten gemacht hat. In diesen Fällen wird eine Zuwendung praktisch so behandelt, als ob sie erst einen Tag vor dem Todesfall erfolgt sei und zwar unabhängig davon, ob die Zuwendung drei Jahre oder 20 Jahre zurückliegt. Zuwendungen an den Ehegatten werden also ohne Zeitgrenze mit ihrem vollen Wert im Rahmen der Ermittlung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen berücksichtigt.
Der Hintergrund für diese Regelung ist, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, es liege kein echter Verzicht der verstorbenen Person vor, wenn die Zuwendung an einen Ehegatten erfolge. Wenn aber die verstorbene Person selbst durch eine solche Zuwendung bzw. Minderung ihres Vermögens tatsächlich keine Nachteile zu tragen habe, könne dies auch die Verminderung von Pflichtteilsansprüchen nicht rechtfertigen.


Wie sind Geschenke, die ein Pflichtteilsberechtigter selbst vom Erblasser erhalten hat, bei der Pflichtteilsergänzung zu berücksichtigen?

Der Wert der so genannten Eigengeschenke, die der Pflichtteilsberechtigte erhalten hat, sind mit ihrem vollen Wert auf den Wert eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs anzurechnen.
Diese Anrechnung erfolgt ohne Zeitgrenze, also unabhängig davon, wie lange die Zuwendung an den Pflichtteilsberechtigten zurückliegt. Sie erfolgt also auch dann, wenn die Zuwendung bereits 30 Jahre her ist.

Beispiel:

Der verwitwete Erblasser hat eine Tochter Eva und einen Sohn Andreas. Er hat Eva zu seiner Alleinerbin eingesetzt. Andreas hat von dem Erblasser 15 Jahre vor dessen Tod einen Geldbetrag in Höhe von 50.000 Euro geschenkt bekommen. Im letzten Jahr vor seinem Tod hat der Erblasser seinem Freund Martin 40.000 Euro geschenkt. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch von Andreas würde 10.000 Euro betragen.
Da er jedoch bereits 50.000 Euro lebzeitig erhalten hat, besteht kein Pflichtteilsergänzungsanspruch.


Wann gilt die so genannte Zehnjahresfrist bei der Pflichtteilsergänzung nicht?

Grundsätzlich sind Zuwendungen der verstorbenen Person nur dann für die so genannte Pflichtteilsergänzung relevant, wenn diese in den letzten zehn Jahren vor dem Todesfall erfolgt sind.

Für Geschenke an den Ehegatten gilt die sog. 10 Jahrefrist nicht

Davon gibt es zwei wichtige Ausnahmen. Zum einen werden Zuwendungen an den Ehegatten ohne Zeitgrenze mit ihrem vollen Wert bei der Ermittlung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen berücksichtigt.

Nießbrauch hemmt den Beginn der Frist

Eine weitere Ausnahme ist gegeben, wenn sich der Erblasser im Rahmen der Zuwendung Rechte vorbehalten hat, die es ihm erlauben den wirtschaftlichen Nutzen des zugewendeten Vermögenswertes weiter praktisch voll zu nutzen.
Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die verstorbene Person auf einen Dritten eine Immobilie überträgt und sich entweder einen lebenslangen Nießbrauch oder ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht am gesamten Objekt vorbehält.

Das vorbehaltene Recht mindert den Wert der Schenkung

Der Nießbrauchsvorbehalt mindert allerdings den Wert der Zuwendung. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Wert des Objektes und dem Wert des vorbehaltenen Nießbrauchs. Dieser wiederum wird ermittelt, indem man in einem ersten Schritt den Jahreswert des Nießbrauchs festlegt. Sodann wird dieser bezogen auf die statistische Lebenswahrscheinlichkeit des Übergebers kapitalisiert. Die sich so ergebende Differenz ist dann aufgrund des Kaufkraftverlustes des Geldes (Inflation) auf den Zeitpunkt des Todesfalls zu indexieren.

Beispiel:

Der verwitwete Erblasser hat eine Tochter Eva und einen Sohn Andreas. 13 Jahre vor seinem Tod überträgt der Erblasser seiner Tochter ein Mietobjekt mit drei Wohneinheiten. Anlässlich der Übertragung des Immobilieneigentums auf die Tochter behält sich der Erblasser den lebenslangen Nießbrauch an dem Objekt vor. Aufgrund dessen ist er weiterhin berechtigt, die Vermietung der Wohneinheiten durchzuführen und die Mietzinsen zu vereinnahmen. Wirtschaftlich nutzt er das Objekt also weiterhin alleine. In einem solchen Fall wird im Rahmen der Ermittlung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen die Zuwendung mit ihrem vollen Wert bei der Ermittlung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs von Andreas berücksichtigt.

Einschränkung: Das umstrittene Niederstwertprinzip

Allerdings wird der Wert des vorbehaltenen Rechtes von dem Wert des übergebenen Objektes für die Pflichtteilsergänzung nur dann abgezogen, wenn der Wert des Objektes zum Zeitpunkt der Übergabe geringer war, als zum Zeitpunkt des Todesfalls (sog. Niederstwertprinzip). Ist der Wert des Objektes zum Zeitpunkt des Todesfalls geringer wird dieser Wert ungekürzt im Rahmen der Pflichtteilsergänzung in Ansatz gebracht.

Rat vom Fachanwalt für Erbrecht:

Das Vorstehende kann nur das Prinzip der Ermittlung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen aufzeigen. Im Rahmen der konkreten Ermittlung der Voraussetzungen und des Wertes von pflichtteilsrelevanten Zuwendungen sind zahlreiche komplexe Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, die den Rahmen dieser Darstellung sprengen würden. Daher sollte unbedingt fachlicher Rat eingeholt werden, wenn Pflichtteilsergänzungsansprüche gegeben sein könnten, um wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden.


Wie wird der Nachlasswert zur Ermittlung des ordentlichen Pflichtteils ermittelt?

Maßgeblich ist der Wert des Nachlasses am Todestag. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen allen positiven Vermögenswerten des Erblassers und seiner Verbindlichkeiten.

Beerdigungskosten mindern den Nachlasswert immer

Von dem so ermittelten Wert sind die so genannten Erbfallkosten in Abzug zu bringen. Dabei handelt es sich um die Kosten der Beerdigung und der damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen wie Kosten für Traueranzeigen oder Trauerfeier. Es werden aber nur angemessene Kosten berücksichtigt.

Andere Kosten können den Nachlasswert vermindern

Je nach Fallkonstellation sind die Kosten für die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses, das auf Verlangen eines Pflichtteilsberechtigten erstellt worden ist, wertmindernd zu berücksichtigen.
Das gleiche gilt für Wertermittlungskosten (zum Beispiel Sachverständigenkosten), wenn ein Pflichtteilsberechtigter die Bewertung einzelner Nachlassgegenstände verlangt hat.
In der Regel sind auch die Kosten der Räumung einer Immobilie zur Vorbereitung der Veräußerung einer Immobilie wertmindernd zu berücksichtigen.

Zur Ermittlung des pflichtteilsrelevanten Nachlasses gehört auch die Ermittlung des pflichtteilsergänzungsrelevanten Nachlasses (sog. fiktiver Nachlass). Dies sind sämtliche pflichtteilsergänzungsrelevanten Verfügungen, welche der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat.


Welche Vermögenswerte stellen so genannte Nachlassaktiva dar?

Die wichtigsten und häufigsten sind folgende:

  • Aktien, Wertpapiere

  • Antiquitäten;

  • Anwartschaftsrechte;

  • offener Anspruch des Erblassers auf Arbeitsentgelt gegenüber dem Arbeitgeber;

  • Auflösend bedingte Ansprüche oder Rechte des Erblassers (§ 2313 BGB);

  • Vermögen bei Banken (Geldanlagen, Anleihen etc.)

  • Bargeld

  • Guthaben aus Bausparverträgen

  • Bundesschatzbriefe und –wertpapiere

  • Miterbenanteil an einer Erbengemeinschaft, an der der Erblasser beteiligt war.

  • Forderungen (z.B. Darlehen, Anspruch auf Übereignung einer Sache)

  • Genussscheine

  • Edelmetalle

  • Haushaltsgegenstände

  • Kautionen

  • Urheber- (§ 28 UrhG) und gewerbliche Schutzrechte; Bild- und Namensrechte

  • Schadensersatzansprüche

  • Schmuck

  • Steuererstattungsansprüche/steuerlich übertragbare Verlustvorträge

  • Zahlungen auf Sterbegeld, da diese Gelder zweckgebunden zugunsten des Erben ausgezahlt werden.

  • Pflichtteilsansprüche, die der Erblasser zum Zeitpunkt des Todesfalls seinerseits hat

  • Zugewinnausgleichsanspruch, sofern der Anspruch bereits vor dem Tod des Erblassers entstanden war

  • Krankenversicherungsansprüche


Welche Faktoren vermindern den Wert des Nachlasses, der Grundlage für den Pflichtteilsanspruch ist?

Es sind alle Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, die bei gesetzlicher Erbfolge entstanden wären und deswegen vom Pflichtteilsberechtigten als Miterbe mitzutragen wären (sog. Erblasserschulden).
Es scheiden damit Verbindlichkeiten aus, die sich aus der letztwilligen Verfügung des Erblassers ergeben, z.B. der Wert von Vermächtnissen.

Gemeinsame Schulden werden in der Regel nur hälftig berücksichtigt

Bei den so genannten gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten, zum Beispiel einem Darlehen, das Ehegatten gemeinschaftlich bei einer Bank aufgenommen haben, ist grundsätzlich nur der hälftige den verstorbenen Ehegatten treffende Haftungsanteil für die noch offen stehende Darlehensforderung als Verbindlichkeit zu berücksichtigen. Ausnahmsweise ist der volle Wert eines gemeinschaftlichen Darlehens als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen, wenn der verstorbene Ehegatte im Innenverhältnis verpflichtet war, dieses allein zurückzuführen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn aus Mitteln des gemeinsam aufgenommenen Darlehens eine Immobilie saniert worden ist, die im Alleineigentum des verstorbenen Ehegatten gestanden hat. In diesem Fall ist ihm das Darlehen wirtschaftlich allein zugute gekommen, so dass er im Innenverhältnis auch verpflichtet gewesen ist, es alleine zurückzuführen.

Beispielhaft sind insbesondere folgende Erblasserschulden zu nennen

  • Darlehen, einschließlich angefallener Zinsen

  • rückständige Steuerschulden

  • Nachvermächtnis

  • offene Forderungen aus Kaufverträgen

  • rückständige Versicherungsprämien

  • Mietschulden

  • Voraus (soweit Pflichtteilsansprüche des Ehegatten oder der Kinder betroffen sind)

  • Testamentsvollstreckungskosten (abhängig von den Umständen des Einzelfalls)

  • Unterhaltsverbindlichkeiten

  • Zugewinnausgleichsanspruch des länger lebenden Ehegatten

Des Weiteren sind Erbfallkosten wertmindernd zu berücksichtigen. Das sind alle Kosten, die mit der Beerdigung zusammenhängen. Einzelheiten dazu finden sie in der vorhergehenden Frage.


Wie kann der Wert von Nachlassgegenständen konkret ermittelt werden?

Der Pflichtteilsberechtigte kann von den Erben verlangen, dass im Nachlass befindliche Vermögenswerte durch eine sachverständige Person bewertet werden. Er hat einen Anspruch auf Vorlage der Wertermittlung. Die Kosten der Wertermittlung dürfen die Erben vom Wert des Nachlasses in Abzug bringen. Dadurch vermindert sich mittelbar auch der Pflichtteilsanspruch des Pflichtteilsberechtigten.

Aus einem zeitnahen Verkauf lässt sich der Wert einer Sache ableiten

Wird ein Vermögensgegenstand, zum Beispiel eine Immobilie, in nahem zeitlichen Zusammenhang zum Erbfall veräußert, geht die Rechtsprechung davon aus, dass der erzielte Kaufpreis den Wert des Vermögensgegenstandes wiedergibt. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Vermögensgegenstand beispielsweise an einen Bekannten zum “Freundschaftspreis“ unter Wert veräußert worden ist, kommt diese Vermutungsregelung nicht zur Anwendung.

Unabhängig davon besteht auch in diesen Fällen ein Anspruch auf Vorlage eines Wertgutachtens. Dem Pflichtteilsberechtigten soll damit die Möglichkeit eröffnet werden zu überprüfen, ob der erzielte Verkaufspreis tatsächlich dem üblichen Verkehrswert entspricht.


Wie erfährt der Pflichtteilsberechtigte, welchen Wert der für den Pflichtteil relevante Nachlass hat?

Er hat gegen den Erben, bei mehreren Erben gegen jeden einzelnen Miterben der Erbengemeinschaft, einen Anspruch auf detaillierte Auskunft, wie sich der Nachlass zusammensetzt. Die Auskunft wird erfüllt durch die Vorlage eines sog. Nachlassverzeichnisses.
Mitzuteilen sind alle Vermögenswerte (Aktiva) und alle Verbindlichkeiten/Verpflichtungen (Passiva) der verstorbenen Person am Todestag.
Auf der Grundlage dieser Informationen kann der Pflichtteilsberechtigte den Wert seines sog. ordentlichen Pflichtteils ermitteln.

Anspruch auf Mitteilung von Schenkungen

Darüber hinaus hat er einen Anspruch auf Auskunft, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt die verstorbene Person an andere Personen etwas verschenkt hat. Solche Zuwendungen sind die Grundlage für den sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch.

Für einen Zeitraum von 10 Jahren und darüber hinaus

Für diesen sind grundsätzlich unentgeltliche Zuwendungen in den letzten zehn Jahren vor dem Todesfall relevant. Soweit Geschenke an den Ehegatten erfolgt sind, können diese ohne Zeitgrenze, also auch über einen zurückliegenden Zeitraum von zehn Jahren hinaus, für diesen Anspruch zu berücksichtigen sein. Gleiches gilt, wenn der Erblasser sich an dem übergebenen Vermögenswert (zum Beispiel eine Immobilie) ein Nutzungsrecht (sog. Nießbrauch) oder ein Wohnrecht am gesamten Objekt bzw. an wesentlichen Teilen des Objektes vorbehalten hat.

Sind Zuwendungen der verstorbenen Person an eigene Kinder erfolgt, sind diese ebenfalls ohne Zeitgrenze, also bezogen auf die gesamte Lebenszeit, dem Pflichtteilsberechtigten mitzuteilen. Sie können der sog. Ausgleichung unter Abkömmlingen unterliegen und damit auch Auswirkungen auf den Pflichtteilsanspruch haben.

Anordnungen des Erblassers im Rahmen einer Zuwendung sind wichtig

Hat der Schenker bei der Zuwendung erklärt, der Beschenkte müsse sich die Zuwendung nach dem Tod des Schenkers auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen und der Beschenkte die Schenkung unter dieser Bedingung angenommen (sog. Anrechnungsbestimmung oder Ausgleichungsbestimmung), ist das ebenfalls mitzuteilen.
Schenkungen in diesem Sinne können auch Zuwendungen sein, für die eine Gegenleistung erbracht worden ist, die aber nicht dem vollen Wert der Zuwendung entspricht.

Beispiel:

Die Erblasserin veräußert eine Immobilie im Wert von 400.000 € an ihre Tochter zum Preis von 150.000,00 €. Damit ist die Gegenleistung um 250.000 € geringer als der Wert der Immobilie. Hinsichtlich dieser Differenz ist eine Schenkung des Erblassers gegeben. Es handelt sich dabei um eine sog. gemischte Schenkung.


Wie detailliert ist die Auskunft zu erteilen?

Der oder die Erben sind verpflichtet, die Nachlasswerte einzeln zu benennen.

Dazu gehört auch die Angabe der wertbildenden Faktoren eines Vermögenswertes. Bei Gegenständen wie beispielsweise einem Pkw sind das die Marke, das Modell, das Baujahr, der Neupreis, der Kilometerstand und der allgemeine Zustand des Fahrzeuges.
Des Weiteren muss angegeben werden, welchen Wert ein einzelner Vermögensgegenstand nach Auffassung des Erben hat.
Diese Informationen sollen es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, sich selbst ein Urteil über den Wert des Nachlasses zu bilden. 


In welcher Form ist die Auskunft durch einen Erben zu erteilen?

Die Informationen sind in einer geschlossenen, geordneten und aus sich heraus nachvollziehbaren schriftlichen Auskunft zu erteilen (Nachlassverzeichnis). Eine bloße mündliche Auskunft erfüllt den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten also nicht.

Häppchenweise Auskunft muss nicht akzeptiert werden

Daher muss es der Pflichtteilsberechtigte auch nicht akzeptieren, dass ihm die Auskunft in mehreren aufeinander folgenden Schriftstücken erteilt wird. Es ist nicht Sache des Pflichtteilsberechtigten, diese Informationen zu einem Gesamtverzeichnis zusammenzuführen und dabei das Risiko zu tragen, unklare bzw. widersprüchliche Angaben selbst zu bewerten und einzuordnen.

Wahlweise persönliches Verzeichnis oder notarielles Nachlassverzeichnis

Der auskunftsberechtigte Pflichtteilsgläubiger hat die Wahl, den Erben aufzufordern, eine Auskunft selbst zu erstellen und vorzulegen, oder zu verlangen, dass ein Notar im Auftrag des Erben ein Nachlassverzeichnis erstellt.
Im letzteren Fall muss sich der Notar ein eigenes Bild von der Zusammensetzung des Nachlasses machen. Daher muss er sich in der Regel an den letzten Wohnort der verstorbenen Person begeben, um eine Aufstellung der dort befindlichen zum Nachlass gehörenden Sachen zu fertigen. Hat die verstorbene Person Vermögen auch an anderen Orten gehabt, muss der Notar auch diese aufsuchen, um die Vermögenswerte in Augenschein zu nehmen und zu dokumentieren.
Des Weiteren ist er verpflichtet selbst Bankunterlagen wie Kontoauszüge usw. einzusehen und, soweit diese unvollständig sind, Auskünfte bei Banken einzuholen, damit es ihm möglich ist auch in diesem Bereich den Wert des Nachlassvermögens zu dokumentieren.

Der Notar muss sich ein eigenes Bild vom Nachlass machen

Der Notar darf seine Tätigkeit und seine Ermittlungen, also das Nachlassverzeichnis, nicht nur auf der Grundlage von Erklärungen des oder der Erben erstellen. Er protokolliert nicht nur Erklärungen der Erben. Vielmehr beinhaltet das Nachlassverzeichnis eine eigene Erklärung des Notars. Allerdings ist er natürlich oft auch auf die Mitwirkung der Erben angewiesen, damit er überhaupt eigene Ermittlungen anstellen kann.

Beide Verzeichnisarten können nacheinander verlangt werden

Der Pflichtteilsberechtigte kann zunächst von den Erben selbst ein Nachlassverzeichnis einfordern und anschließend zudem die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen.


Sind Erben verpflichtet, ihre Auskunft mit Urkunden zu belegen?

Eine solche Verpflichtung besteht grundsätzlich nicht.
Der Pflichtteilsberechtigte hat lediglich einen Anspruch auf Mitteilung von Informationen. Von diesem Grundsatz gibt es eng begrenzte Ausnahmen, insbesondere im Gesellschaftsrecht.  


Welche Möglichkeiten hat ein Pflichtteilsberechtigter, die ihm erteilten Informationen auf Vollständigkeit und Wahrheit zu überprüfen?

Eine echte Überprüfungsmöglichkeit besteht nur dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte eigene belastbare Informationen zum Nachlassbestand hat und diese mit der erteilten Auskunft vergleichen kann.

Auch eigene Ermittlungen sind teilweise möglich

In eng begrenzten Bereichen hat er die Möglichkeit, sich eigene Informationen zum Nachlassbestand zu verschaffen.
Besteht beispielsweise die Vermutung, die verstorbene Person sei Eigentümer einer Immobilie gewesen oder habe eine solche lebzeitig verschenkt, besteht die Möglichkeit dazu nähere Informationen bei dem zuständigen Grundbuchamt zu erlangen.
Auch aus der Nachlassakte zu dem Todesfall können sich wertvolle Informationen ergeben. Ein erfahrener Fachanwalt für Erbrecht kann oft viele nützliche zusätzliche Informationen ermitteln.

Bei berechtigten Zweifeln: Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung

Bestehen begründete Zweifel daran, dass die Auskunft vollständig bzw. richtig ist, sind der oder die Erben auf Verlangen verpflichtet, die erteilte Auskunft an Eides statt zu versichern. Zweifel in diesem Sinne sind beispielsweise gegeben, wenn die Informationen ohne sachlichen Grund nur nach und nach erteilt worden sind, oder ursprüngliche Angaben zum Nachlass später ohne nachvollziehbaren Grund korrigiert werden mussten. Ebenso können sich Zweifel ergeben, wenn die Auskunft nur schleppend und sozusagen scheibchenweise auf immer erneute Aufforderung des Berechtigten erteilt wird.
Die eidesstattliche Versicherung ist beim Amtsgericht abzugeben. Versichert der Auskunftsverpflichtete schuldhaft falsche Angaben, macht er sich damit schwer strafbar (§ 156 StGB).


Wie kann sich der Pflichtteilsberechtigte eigene Informationen beschaffen?

Die Informationsmöglichkeiten sind ausgesprochen eingeschränkt. Vor allem steht ihm nicht das Recht zu, den Nachlassbestand selbst durch Inaugenscheinnahme festzustellen, wenn ihm das durch den oder die Erben nicht erlaubt wird. Er hat also keinen Anspruch darauf, die letzte Wohnung des Erblassers zu betreten, um sich Informationen zu beschaffen. Er ist auch nicht berechtigt, von Banken Auskunft zu Geldguthaben oder Darlehen zu verlangen.

In manchen Bereichen besteht aber die Möglichkeit selbst zu ermitteln.

Grundbuch und Grundakte als Erkenntnisquelle

Beispielsweise hat der Pflichtteilsberechtigte die Möglichkeit sich vom Grundbuchamt Grundbuchauszüge zu Immobilien erteilen zu lassen, deren Eigentümer der Erblasser ganz oder zumindest teilweise war. Das gilt gleichermaßen für unbebaute und bebaute Grundstücke. Diese erhält er nicht nur für Immobilien, die dem Erblasser zum Zeitpunkt des Todesfalles gehört haben, sondern auch für Immobilien, die früher in seinem Eigentum standen. Bezüglich dieser Grundstücke hat der Pflichtteilsberechtigte sogar das Recht, sich Kopien der Verträge machen zu lassen, die Grundlage für den Eigentumserwerb des Erblassers bzw. dessen Eigentumsverlust waren.
Aus diesen Verträgen lassen sich die Umstände entnehmen, unter denen die Übertragung des Eigentums erfolgt ist. Daraus ergibt sich beispielsweise, ob im Rahmen der Eigentumsübertragung eine Gegenleistung erbracht worden ist und welchen Wert diese gegebenenfalls hatte. Oft werden als Gegenleistung Nutzungsrechte (Wohnrecht oder Nießbrauch) oder Ausgleichszahlungen an Geschwister (sog. Gleichstellungsgeld) vereinbart. Beides kann für die Ermittlung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen große Relevanz haben.

Handelsregister enthält relevante Informationen

Gehören zum Nachlass Beteiligungen an Unternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, lassen sich auch dort Informationen beschaffen. Je nach Unternehmenstyp bestehen auch Verpflichtungen Informationen zu Betriebsergebnissen zu veröffentlichen. Diese Informationen sind für jedermann zugänglich, also auch für einen Pflichtteilsberechtigten. Daraus lassen sich oft Anhaltspunkte zum Wert der Beteiligung entnehmen.

Teilnahme an der Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses

Eine weitere Erkenntnisquelle kann die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses sein. Verlangt ein Pflichtteilsberechtigter diese, hat er auch das Recht bei der Aufnahme des Verzeichnisses mit anwesend zu sein. Im Zuge dessen hat der Pflichtteilsberechtigte die Möglichkeit ergänzende aufklärende Fragen zu stellen, aus deren Beantwortung er zuweilen wertvolle Informationen erhalten kann. Allerdings wird diese Option wegen des oft sehr schwierigen persönlichen Verhältnisses zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und dem oder den Erben nur selten genutzt. Zumeist wollen die Beteiligten ein Zusammentreffen eher vermeiden.

Nachlassakte enthält in der Regel eine grobe Aufstellung zum Nachlassbestand

Eine gute Informationsquelle stellt auch die Nachlassakte des zuständigen Amtsgerichts dar. Wird ein Testament eröffnet, übermittelt das Nachlassgericht den Erben einen Fragebogen zum Nachlasswert zu. Die dortigen Angaben sind die Basis für die Ermittlung der Gerichtskosten für die Testamentseröffnung. Zwar stellen die Gerichte an diese Nachlassaufstellung keine hohen Anforderungen. Dennoch können die daraus ersichtlichen Angaben eine nützliche Hilfe bei der Ermittlung des Nachlasswertes zum Todestag sein.  


Kann der Erbe die von ihm verlangten Auskünfte so lange zurückhalten, bis der Pflichtteilsberechtigte möglicherweise gegen ihn bestehende Ansprüche der Erben seinerseits erfüllt hat?

Nein, der Erbe hat kein sog. Zurückbehaltungsrecht.  


Wie lange kann Auskunft verlangt werden?

Der Erbe muss die Auskunft nicht mehr erteilen, wenn der Anspruch darauf verjährt ist. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
Die Berechnung für den Ablauf der Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Tod des Erblassers und seiner zumindest teilweisen Enterbung Kenntnis erlangt hat.

Beispiel:

Die Erblasserin ist am 10. September 2011 verstorben. Sie hatte ein Testament errichtet, das erst im Februar 2012 beim Nachlassgericht abgeliefert und dort im März 2012 eröffnet und dem Pflichtteilsberechtigten zugestellt worden ist. Das Testament hat eine Anordnung enthalten, mit der der Sohn der Erblasserin vollständig enterbt worden ist.
Die Verjährung des Auskunftsanspruchs und des ordentlichen Pflichtteilsanspruchs beginnt dann mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen. Die Verjährungsfrist endet drei Jahre später mit Ablauf des Jahres 2015. Ab dem 01.01.2016 ist der Auskunftsanspruch dann also wegen der Verjährung nicht mehr durchsetzbar.

Verjährung für Ansprüche gegen einen Beschenkten ist gesondert geregelt

Eine Besonderheit für die Verjährung gilt bei Pflichtteilsergänzungsansprüchen, die nicht gegenüber den Erben, sondern gegen den Beschenkten selbst gerichtet sind. Das ist der Fall, wenn der oder die Erben den Pflichtteilsergänzungsanspruch ausnahmsweise wegen fehlender Werthaltigkeit des Nachlasses oder zur Verteidigung ihres unter Umständen selbst bestehenden Pflichtteilsanspruchs nicht oder nicht vollständig erfüllen können. Dann haftet unter Umständen ein Beschenkter für den Anspruch auf Pflichtteilsergänzung. Die Verjährung dieser Ansprüche einschließlich des Anspruchs auf Erteilung einer Auskunft zum Umfang und Wert der Schenkung beginnt bereits am Tag des Todesfalls. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
Sie beginnt unabhängig davon, ob der Pflichtteilsberechtigte von dem Todesfall oder seiner Enterbung Kenntnis erlangt hat.

Beispiel:

Die Erblasserin verstirbt am 10. November 2009. Sie hat ihren Sohn in ihrem Testament enterbt. Der Sohn hatte zum Zeitpunkt des Todesfalls schon lange keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter bzw. der übrigen Familie. Er erfährt daher zunächst nichts von dem Todesfall. Erst am 10. Februar 2010 erfährt er vom Tod seiner Mutter und seiner Enterbung. Dennoch verjähren seine Ansprüche auf Pflichtteilsergänzung gegen eine beschenkte Person mit Ablauf des 10. November 2012.

Mit meinem Verjährungsrechner erhalten Sie einen ersten Anhalt für den Ablauf einer Verjährungsfrist.
Es gibt aber zahlreiche Umstände, die zur Verlängerung einer Verjährungsfrist führen können.
Daher sollte in diesbezüglichen Zweifelsfällen immer rechtlicher Rat beim Fachanwalt für Erbrecht eingeholt werden.


Wer trägt die für die Erstellung der Auskunft eventuell anfallenden Kosten?

Erteilen der oder die Erben die Auskunft selbst, sind sie nicht berechtigt, für ihren Aufwand Kosten in Ansatz zu bringen. Auch für eine Rechtsberatung im Zusammenhang mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses anfallende Kosten können dem Pflichtteilsberechtigten nicht entgegengehalten werden.

Kosten des notariellen Nachlassverzeichnisses mindern den Nachlasswert

Soweit der Pflichtteilsberechtigte jedoch die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangt, sind der oder die Erben berechtigt, die hierfür anfallenden Kosten aus dem Nachlass zu begleichen. Dadurch vermindert sich der Wert des Nachlasses und daraus folgend der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten. Mittelbar trägt der Pflichtteilsberechtigte dadurch die notariellen Kosten anteilig entsprechend seiner Pflichtteilsquote.
Die Kosten für ein notarielles Nachlassverzeichnis sind im Verhältnis zum in der Regel großen Arbeitsaufwand des Notars verhältnismäßig gering. Sie berechnen sich anhand der sog. Kostenordnung. Maßgebliche Bezugsgröße für die Kostenermittlung ist der Wert des Nachlasses ohne Abzug von Verbindlichkeiten.
Die Kosten betragen beispielsweise bei einem Nachlasswert von 300.000 € 1.070,00 € und bei einem Nachlasswert von 2 Mio 6.670,00 € zzgl. einiger geringer Nebenkosten und Umsatzsteuer (Stand 01.11.2013).


Wann wirken sich Zuwendungen des Erblassers zu Lebzeiten an eines seiner Kinder im Erbfall auf den Pflichtteil aus?

Zuwendungen des Erblassers, die er zu Lebzeiten an ein Kind vorgenommen hat, an ein anderes nicht, können die Beteiligung am Nachlass und damit auch den Wert des Pflichtteilsanspruchs beeinflussen (sog. Ausgleichung). Das gilt unabhängig davon, wie lange eine solche Zuwendung zurückliegt, also auch dann, wenn sie vielleicht bereits vor Jahrzehnten erfolgt ist.

Zuwendungen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen auszugleichen

Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus § 2050 BGB. Demnach ist eine Zuwendung auszugleichen, wenn der Erblasser dies zum Zeitpunkt der Zuwendung ausdrücklich angeordnet hat. Das erfolgt umgangssprachlich oft in der Weise, dass erklärt wird, eine Zuwendung/ein Geschenk erfolge „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge“ oder unter „Anrechnung auf den späteren Erbteil“.

Des Weiteren sind Leistungen des Erblassers an eines seiner Kinder auszugleichen, wenn es sich um eine sog. Ausstattung gehandelt hat. Das ist der Fall, wenn die Zuwendung dazu gedient hat, eine eigene Lebensstellung des Kindes zu begründen. Das ist beispielsweise bei der Zuwendung eines unbebauten Grundstücks der Fall, wenn das Kind dort ein Wohnhaus für seine Familie errichten soll und will. Gleiches gilt bei finanziellen Zuschüssen zum Hausbau. Aber auch die finanzielle Unterstützung im Rahmen der Begründung einer selbständigen Tätigkeit des Kindes stellt eine Ausstattung im Rechtssinne dar.

Zudem sind Ausbildungskosten eines Kindes im Rahmen der späteren Erbaufteilung rechnerisch zu berücksichtigen, wenn diese eigentlich die Vermögensverhältnisse über ein zumutbares Maß hinaus beeinträchtigt haben. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Kind trotz bescheidener Vermögensverhältnisse seiner Eltern ein teures Auslandsstudium absolviert hat und die Eltern zu diesem Zweck ihr Vermögen ganz oder zumindest teilweise aufbrauchen mussten. Ob solche Aufwendungen im Übermaß gegeben waren, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und ist nur sehr schwer abzugrenzen.
Hierzu sollte in jedem Fall der Rat eines Fachanwaltes für Erbrecht eingeholt werden.


Wie wird eine Ausgleichung im Rahmen der Ermittlung eines Pflichtteilsanspruchs berücksichtigt?

Sie erfolgt schrittweise folgendermaßen:

  1. Die gesetzlichen Erbanteile aller gesetzlichen Erben werden ermittelt.

  2. Der Wert des Nachlasses wird ermittelt.

  3. Der Wert des Erbanteils eines gegebenenfalls vorhandenen Ehegatten wird entsprechend seiner gesetzlichen Erbquote rechnerisch in Abzug gebracht.

  4. Zu dem verbliebenen Nachlasswert wird der Wert aller ausgleichspflichtigen Zuwendungen an die Abkömmlinge hinzu addiert.

  5. Aus dem so gebildeten fiktiven Nachlasswert wird der Wert der fiktiven gesetzlichen Erbquote des pflichtteilsberechtigten Kindes ermittelt.

  6. Von diesem Wert wird der Wert der diesem Kind zu Lebzeiten gewährten ausgleichungspflichten Zuwendung in Abzug gebracht.

  7. Aus einer rechnerisch verbleibenden Differenz wird der Pflichtteilsanspruch ermittelt. Er entspricht der Hälfte des Wertes der Differenz.

  8. Ist der Wert der ausgleichspflichtigen Zuwendung größer als der Wert der unter Ziffer 6. ermittelten fiktiven Erbbeteiligung, erhält der Pflichtteilsberechtigte nichts. Er muss allerdings auch nichts von seiner Zuwendung an die Erbengemeinschaft herauszahlen.   


Wirken sich Zuwendungen des pflichtteilsberechtigten Kindes an den verstorbenen Elternteil bei der Ermittlung seiner Pflichtteilsansprüche zu seinen Gunsten aus?

Ja, und zwar in den im Gesetz vorgesehenen Fällen.

Hat ein Kind für den verstorbenen Elternteil besondere Leistungen erbracht (Pflegeleistungen, Hilfe im elterlichen Betrieb), für die es keine oder keine vollwertige Gegenleistung erhalten hat, und wurde dadurch das Vermögen des Elternteils geschont, erhalten oder vermehrt, ist das durch Ausgleichung im Rahmen der Ermittlung von Pflichtteilsansprüchen zu berücksichtigen.

Ist das der Fall, wird die Ausgleichung wie folgt durchgeführt.

  1. Die gesetzlichen Erbanteile aller gesetzlichen Erben werden ermittelt.

  2. Der Wert des Nachlasses wird ermittelt.

  3. Der Wert des Erbanteils eines gegebenenfalls vorhandenen Ehegatten wird entsprechend seiner gesetzlichen Erbquote rechnerisch in Abzug gebracht.

  4. Zu dem verbliebenen Nachlasswert wird der Wert der ausgleichspflichtigen Zuwendung des Kindes an den Elternteil hinzu addiert. Dieser Wert wird aber nicht eins zu eins in Ansatz gebracht. Das Gesetz sieht vielmehr vor, dass die Bewertung der Pflegeleistungen nur relativ Niederschlag findet. Der Ausgleichungswert ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.

  5. Aus dem so gebildeten fiktiven Nachlasswert wird der Wert der fiktiven gesetzlichen Erbquote des pflichtteilsberechtigten Kindes ermittelt.

  6. Aus dem gemäß Ziffer 5. ermittelten Wert wird der Pflichtteilsanspruch ermittelt. Er entspricht der Hälfte des ermittelten Wertes.

  7. Ist der Wert der ausgleichspflichtigen Zuwendung des Kindes größer als der Wert des realen Nachlasses, erhält der Pflichtteilsberechtigte höchstens den halben Wert des Nachlasses. Allerdings sind ihrerseits pflichtteilsberechtigte Miterben berechtigt, die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs soweit zu verweigern, dass ihnen aus dem Nachlass zumindest der Wert ihres eigenen Pflichtteilsanspruchs verbleibt.

Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Ausgleichsansprüche in diesen Fällen gegeben sein können, ist im Hinblick auf die notwendige Billigkeitsabwägung und komplizierte Berechnungsmethode schwierig.
Hier kann es sich lohnen, einen Fachanwalt für Erbrecht bei der Ermittlung und Durchsetzung entsprechender Ansprüche hinzuzuziehen.


Was versteht man unter der Anrechnung von Zuwendungen auf den Pflichtteil?

Bei der Anrechnung wird der Wert einer Zuwendung einer verstorbenen Person entweder von dem Wert des ordentlichen Pflichtteils und/oder von dem Wert eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs in Abzug gebracht.
Ein Pflichtteilsberechtigter muss sich eine Zuwendung der verstorbenen Person in zwei Fällen gefallen lassen.

Anrechnung bei ausdrücklicher Anordnung durch den Erblasser

Zum einen wird eine Anrechnung vorgenommen, wenn die verstorbene Person zum Zeitpunkt der Zuwendung angeordnet hat, dass der Pflichtteilsberechtigte sich diese Zuwendung nach dem Todesfall auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen muss. Gemeint ist damit der ordentliche Pflichtteilsanspruch, der aus dem Wert des realen Nachlasses der verstorbenen Person ermittelt wird. Der Pflichtteilsberechtigte muss bei der Zuwendung die Anordnung der Anrechnung akzeptiert haben.
In der Praxis ist eine Anrechnungsvereinbarung oft schwer zu beweisen. Das gilt insbesondere bei Geldgeschenken oder Geschenken von Gegenständen (zum Beispiel Pkw). In diesen Fällen wird die Anrechnungsabrede, auch wenn sie getroffen worden ist, nur selten schriftlich dokumentiert. Besser ist die Beweislage bei Schenkungen, die der notariellen Beurkundung bedurft haben (zum Beispiel eines Baugrundstücks). In diesen Verträgen finden sich oft ausdrücklich Anrechnungsklauseln.

Tipp vom Fachanwalt für Erbrecht:
Lassen Sie sich als Schenker vom Beschenkten eine Anrechnungsbestimmung stets schriftlich bestätigen. Die gewählte Formulierung sollte eindeutig sein, also ausdrücklich die Formulierung „Anrechnung auf den Pflichtteil“ beinhalten.

Anrechnung auf Pflichtteilsergänzunsanspruch ist obligatorisch

Zum anderen erfolgt eine Anrechnung immer auf Pflichtteilsergänzungsansprüche, auch ohne besondere Anordnung.


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