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Kanzlei, Rechtsanwalt, Gießen
02.11.2015
Tiere verschmäht – Erbe weg!

Erben ist nicht immer bequem ....

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Eine vermögende Frau hatte testamentarisch eine gemeinnützige Stiftung unter der Bedingung zur Erbin eingesetzt, dass ihr Hund und ihre drei Katzen ihr Leben auf einem Anwesen der Stiftung  weiterführen können.

 

Die Haustiere kamen anderweitig unter

Nach dem Ableben der Erblasserin war der Hund durch einen so genannten „Schutzvertrag" durch die Stiftung bei einer anderen Organisation untergebracht worden. Mit dem Vertrag hat sich die Organisation verpflichtet, den Hund gut zu behandeln und zu halten. Die drei Katzen hatten bei einer Familie Unterschlupf gefunden. Die Stiftung entschied sich, die Tiere jeweils dort zu belassen, obwohl sie selbst die Möglichkeit hatte, die Tiere auf einem ihrer Anwesen aufzunehmen. Dort ginge es ihnen sehr gut. Sie war der Auffassung, dass diese Entscheidung sicher auch im Interesse der verstorbenen Frau gewesen sei. Ob die Organisation das vor allem ganz bequem fand, ist nicht bekannt.

Der Stiftung wurde ein Erbschein verweigert

Jedenfalls beantragte die Stiftung sodann beim zuständigen Nachlassgericht Lüddinghausen (Beschluss vom 19.08.2015) die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin des gesamten Vermögens ausweisen sollte – jedoch ohne Erfolg. Der Antrag wurde mit der Begründung zurückgewiesen, die durch die Erblasserin gestellte Bedingung für die Erbeinsetzung sei objektiv nicht erfüllt worden, nämlich ein Leben der Tiere auf einem Anwesen der Stiftung. Eine aus Sicht der Stiftung „gleichwertige Unterbringung" erfülle die Bedingung nicht. Maßgeblich sei der eindeutig formulierte Wille im Testament der Erblasserin, der keinen Raum für eine Auslegung gebe, wie ihn die Stiftung vorgenommen habe. Die Stiftung ging leer aus.

Tipp vom Erbrechtsexperten Joachim Mohr

Sowohl bei der Formulierung eines Testamentes, als auch bei der Umsetzung des letzten Willens ist äußerste Sorgfalt notwendig. Für die Testamentserrichtung bedeutet das, eindeutige Formulierungen zu wählen und möglichst auch abstrakte alternative Regelungen für derzeit noch nicht absehbare zukünftige Entwicklungen zu treffen. Die Umsetzung einer testamentarischen Anordnung sollte sich so nah am Wortlaut des Testamentes orientieren, wie möglich. Nur wenn sie nicht eindeutig ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, was gewollt war.

Wie man für Haustiere richtig vorsorgt, steht hier.

 


Joachim Mohr
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht, Mediator



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