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Kanzlei, Rechtsanwalt, Gießen
17.11.2015
Digitale Daten in die Nachlassregelung einbeziehen

Neue Tipps für die Nachfolge von Daten bei Facebook und Co.

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Obwohl die sozialen Netzwerke schon viele Jahre eine erhebliche Bedeutung für den einzelnen haben, gibt es bislang noch keinen Königsweg für die Verwaltung oder Löschung der dort befindlichen Daten nach dem eigenen Tod.

Alles ist noch im Fluss

Die Juristerei tut sich schwer damit, hier ein schlüssiges Modell anzubieten. Gründe gibt es einige dafür. Ein wesentlicher ist der Umstand, dass auch die sozialen Netzwerke hier offenbar jahrelang kein besonderes Regelungsbedürfnis gesehen haben. Damit sind bislang vertragliche Grundlagen diesbezüglich noch weitgehend unklar. Zudem stellt es ein Problem dar, dass die Betreiber von sozialen Netzwerke oft im Ausland sitzen, so dass deutsches Recht für diese nur bedingt Relevanz hat.

Der Versuch einer Regelung ist besser als gar keine

Wer jedoch gar nichts regelt ist erfahrungsgemäß – wie so oft – schlechter dran, als derjenige, der zumindest versucht hat, das Bestmögliche zu erreichen. Daher hier zwei Empfehlungen, die jüngst durch Kollegen entwickelt worden sind. Sowohl bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht als auch bei der Testamentserrichtung sollten ausdrückliche Regelungen zum digitalen Nachlass aufgenommen werden.

Anordnungen in einer Vorsorgevollmacht

Eine Vorsorgevollmacht stellt sicher, dass für eine Person, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, ein Dritter dazu in der Lage ist. Die Handlungsunfähigkeit kann aufgrund einer Erkrankung (wie Demenz oder Schlaganfall) oder eines Unfalls (z.B. Koma) eintreten. Bevollmächtigt werden in der Regel nahestehende Personen. Es wird empfohlen, in einer Vorsorgevollmacht ausdrücklich auch das Recht mit einzubeziehen, über die digitalen Daten des Vollmachtgebers bestimmen zu dürfen. Grundsätzlich ist eine solche Bevollmächtigung nach deutschem Recht bereits angesichts des Umstandes dass die zumeist im Ausland sitzenden Unternehmer fast gemessen notariell beurkundeten Erklärung mehr zu entsprechenden Mitarbeitern oder welche Maßnahmen der Bevollmächtigten wirksam, wenn sie privatschriftlich, also ohne besondere Beurkundung erteilt wird. Angesichts des Umstandes, dass die zumeist im Ausland sitzenden Unternehmen erfahrungsgemäß notariell beurkundeten Erklärungen mehr Gewicht beimessen, als privatschriftlichen, wird aber eine notarielle Beurkundung oder Beglaubigung empfohlen.

Detaillierte Anweisungen sind empfehlenswert

Welche Maßnahmen der Bevollmächtigte konkret durchführen soll, sollte in einem gesonderten Schriftstück festgehalten werden (sog. Geschäftsbesorgungsvertrag). Er kann beispielsweise angewiesen werden, E-Mails in bestimmten Zeitabständen abzurufen und diese nach seiner eigenen Beurteilung zu löschen oder alternativ gerade keine Löschung vorzunehmen. Es kann auch aufgegeben werden, für den Vollmachtgeber auf Nachrichten zu antworten - auch nach dem Ableben.

Es ist daran zu denken, eBay-Auktionen zu Ende zu führen oder beispielsweise eine Dating-App zu löschen. Nicht zuletzt kann der Bevollmächtigte angewiesen werden, bestimmte in einem Ordner oder auf externen Medien befindliche Daten zu löschen, ohne dass zuvor der Bevollmächtigte selbst oder ein Dritter diese noch einmal aufruft. Hier muss natürlich eine gehörige Portion Vertrauen zu dem Bevollmächtigten gegeben sein. Da einige Anweisungen erst nach dem Ableben Relevanz erhalten, muss die Geltung der erteilten Vollmacht ausdrücklich auch über den Tod hinaus angeordnet werden.

Endgültige Regelungen im Testament

In einem Testament kommen in erster Linie Regelungen zum endgültigen Schicksal des digitalen Nachlasses in Betracht.

Auch hier können Bestimmungen zur Verfahrensweise mit einem eventuell unterhaltenen Blog (Sperrung der Kommentarfunktion und oder Löschung sämtlicher Inhalte), Umwandlung eines Facebook-Profils in den Gedenkzustand oder dessen Löschung, sowie Anordnung ob und gegebenenfalls wer vor einer etwaigen Löschung eines Accounts (zum Beispiel auf Instagram) berechtigt sein soll, von dort Bilder herunter zu laden und lokal zu speichern.

Anordnungen in einer Vorsorgevollmacht und in einem Testament sollten aufeinander abgestimmt werden, um Widersprüche zu vermeiden.

Tipp vom Fachanwalt für Erbrecht Joachim Mohr

Um die Umsetzung solcher persönlicher Wünsche zu erleichtern wird empfohlen, – soweit möglich – deutsche Anbieter im Bereich der Veröffentlichung, dem Austausch und der Speicherung digitaler Daten zu wählen, weil dort deutsche Vorsorgeregelungen eher anerkannt werden, als bei Unternehmen mit Sitz im Ausland.


Joachim Mohr
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht, Mediator



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