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Kanzlei, Rechtsanwalt, Gießen
07.01.2019
Vom Residenzmodell zum Wechselmodell

Barunterhalt beim Wechselmodell - Wer zahlt?

Nicht nur unter sozialen Aspekten, sondern auch rechtlich betrachtet wirft die Betreuung eines Kindes innerhalb eines paritätischen Wechselmodells Fragen auf. Laut dem Bundesgerichtshof versteht man unter einem paritätischen Wechselmodell die Betreuung eines Kindes nach der Trennung oder Scheidung durch beide Elternteile zu gleichen Teilen. Der Wandel des traditionellen Familienbildes hin zu moderneren Familienstrukturen wirkt sich ebenfalls auf die Form der Betreuung nach einer Trennung oder Scheidung aus. Das Residenzmodell, bei dem das Kind bei dem betreuenden Elternteil lebt und nur gelegentlich Kontakte zum anderen Teil pflegt, ist auch laut Prof. Dr. Nina Dethloff, LL.M. nicht mehr wirklichkeitsgetreu, wie sie Legal Tribune Online in einem Interview vom 26.09.2018 mitteilte.

Barunterhalt beim Residenzmodell

Innerhalb des Residenzmodells ist grundsätzlich derjenige zur Leistung von Barunterhalt verpflichtet, der nicht die überwiegende Betreuungsleistung erbringt, denn nach § 1606 Abs. 3, Satz 2 BGB erfüllt derjenige Elternteil, der das Kind betreut, seine Unterhaltsverpflichtung bereits durch die Pflege und Erziehung des Kindes, sodass keine Verpflichtung zur Zahlung von Barunterhalt besteht.

Barunterhalt beim Wechselmodell

Der Bundesgerichtshof hat in vier wesentlichen Entscheidungen zum Barunterhalt beim paritätischen Wechselmodell Stellung bezogen.

In einem Urteil aus dem Jahr 2005 (XII 126/03) stellte der Bundesgerichtshof fest, dass eine Betreuungsverteilung von 1/3 auf Seiten des Vaters sowie 2/3 durch die Mutter des Kindes nicht ausreicht, um ein Wechselmodell anzunehmen, sodass es bei der vollen Barunterhaltspflicht des Vaters und damit bei der Annahme eines Residenzmodells bleibe. Ebenso entschied er im Jahr 2007 (XII ZR 161/04) bei einer Verteilung von 36 zu 64 Prozent sowie im Jahr 2014 (XII ZB 234/13) bei einem Betreuungsplan dahingehend, dass sich das Kind alle 14 Tage am Wochenende sowie an zwei weiteren Wochentagen bei dem Vater aufhält.

Im Januar 2017 (XII ZB 565/15) entschied der Bundesgerichtshof hingegen über einen Fall, in dem tatsächlich ein paritätisches Wechselmodell ausgeübt wurde. In dieser Konstellation geht das Gericht von einer anteiligen Barunterhaltspflicht beider Elternteile aus. Die Verpflichtung zur Leistung von Barunterhalt entfällt in einem solchen Fall gerade nicht, sondern wird anteilig unter Zugrundelegung der jeweiligen Einkommen auf beide Elternteile verteilt.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Bundesgerichtshof das Vorliegen eines echten Wechselmodells restriktiv beurteilt und dessen Vorliegen nur bejaht, sollte eine streng hälftig aufgeteilte Betreuung durch beide Elternteile stattfinden. In allen anderen Fällen trägt einer der Elternteile die volle Barunterhaltspflicht.

 

 


Joachim Mohr
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht, Mediator



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