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Kanzlei, Rechtsanwalt, Gießen
23.04.2019
Keine freie Vereinbarung

Erbengemeinschaft beruht auf gesetzlicher Anordnung

Das OLG Frankfurt stellt klar, dass eine Erbengemeinschaft nicht auf einem freien Willensentschluss der Beteiligten beruht, sondern durch gesetzliche Anordnung entsteht (20 W 172/18).

Diese Aussage dürfte zunächst nicht überraschen, da sich die (Mit-)Erben den Zusammenschluss nicht freiwillig aussuchen können. Es besteht lediglich die Möglichkeit der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft. Die Differenzierung wirkte sich jedoch in dem zugrunde liegenden Fall aus, in dem eine Vorerbin den Nacherben noch vor Eintritt des Nacherbfalles ein Grundstück zu gleichen Teilen übertragen wollte.

 

Übertragung des Nachlasses zu gleichen Teilen

In einem Erbschaftskauf- und Übertragungsvertrag aus 2017 hatte die Vorerbin den drei Nacherben den Nachlass zu gleichen Teilen übertragen. Einige Monate später reichte die sie den notariell beurkundeten Vertrag beim Grundbuchamt ein, das das Eigentum an dem Grundstück auf die ungeteilte (Nach-)Erbengemeinschaft umschreiben sollte. Der Antrag auf Eintragung wurde jedoch mit der Begründung, dass die Auflassung in dieser Form nicht eintragungsfähig sei, abgewiesen. Eine Erbengemeinschaft könne nicht durch Vereinbarung herbeigeführt werden.

 

Nacherbe erhebt Beschwerde

Gegen diesen Beschluss wendete sich einer der Nacherben im Wege der Beschwerde. Er war der Auffassung, dass das Grundbuchamt die Besonderheiten des Erbkaufs verkannt habe. Weder die Vorerben- noch die Nacherbenstellung würde hierdurch tangiert. Zudem hätten andere Grundbuchämter solche Eintragungen vorgenommen. Nachdem die zuständige Rechtspflegerin der Beschwerde nicht abgeholfen hatte, legte sie diese dem Senat vor.

 

Keine Erbengemeinschaft vor Eintritt des Nacherbfalles

Das OLG Frankfurt bestätigte jedoch die Ansicht der Rechtspflegerin, da eine Erbengemeinschaft vor Eintritt des Nacherbfalls nach überwiegender Ansicht gerade nicht bestehe. Gemäß § 2032 I BGB setze eine Erbengemeinschaft nämlich ein ihr zugeordnetes Vermögen voraus. Solange der Nacherbfall nicht eingetreten ist, sei den Nacherben gerade kein gemeinschaftliches Vermögen zugewiesen, da das Erblasservermögen sich beim Vorerben befinde. Hier sollte der Nacherbfall erst mit Tod oder Wiederheirat der Vorerbin eintreten. Beides war jedoch nicht der Fall. Eine Eintragung der Nacherben zur gesamten Hand sei folglich nicht möglich.

 

Anders bei der GbR oder der ehelichen Gütergemeinschaft

Im Gegensatz dazu beruhen die Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder der ehelichen Gütergemeinschaft auf einem freien Willensentschluss. Die von den Beteiligten gewünschte gesamthänderische Zuständigkeit könne sich also nur aus einem gesellschaftlichen Zusammenschluss ergeben – nicht jedoch aus einer Erbengemeinschaft. Einen solchen konnte das Gericht aber nicht feststellen. Die Bezeichnung „zur gesamten Hand“ sei nicht ausreichend. Vielmehr müsse der konkrete Zusammenschluss namentlich benannt werden.

 

Ende der Vorerbenstellung nicht rechtsgeschäftlich abänderbar

Überdies sei auch eine frühzeitige Herbeiführung des Nacherbfalls nicht möglich. Dies gelte auch für die Durchführung eines Erbschaftskaufs, der lediglich zur Entstehung einer Bruchteilsgemeinschaft führe.

 

Andere Grundbucheintragungen irrelevant

Dass andere Grundbuchämter entsprechende Eintragungen vorgenommen hätten, sei unbeachtlich. Das hier handelnde Grundbuchamt sei nicht verpflichtet, die rechtlichen Erwägungen anderer Ämter nachzuvollziehen und selbige Eintragungen vorzunehmen, durch die das Grundbuch gegebenenfalls auch unrichtig werden würde.

 

Letztlich konnten die Nacherben nicht Eigentümer in Gestalt einer Miterbengemeinschaft werden.

 

 

 


Joachim Mohr
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht, Mediator



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